18. Februar 2025

Wenn Möbel und Logos zum Leben erwachen

Ein Interview mit Florian Siegel, Schulleiter des Beruflichen Gymnasiums.

Stefanie Rapp: GMT als Unterrichtsfach – wofür steht das? Geschichten, Mythen und Träume? Grundlagen der Magischen Technologie?

Florian Siegel: (lacht) Nicht so ganz. Es geht um Design – Produktdesign, Kommunikationsdesign und Screendesign. Die Abkürzung steht für Gestaltungs- und Medientechnik.

Stefanie Rapp: GMT ist ja das Hauptfach am Technischen Gymnasium, und die Schüler legen nach drei Jahren eine Abiturprüfung in dem Fach ab. Vor einiger Zeit hatte ich als Lehrerin während der GMT-Abiturprüfung Aufsicht. Ich saß in der Ecke und sah zu, wie die Prüflinge an ihren Computern ein Möbelstück mit einem 3-D-Programm entwarfen. Ich war beeindruckt. Das hätte ich auch gerne gekonnt! Was lernt man denn noch in dem Fach?

Florian Siegel: Man lernt neben den Grundlagen von Design auch Techniken zum kreativen Problemlösen.

Stefanie Rapp: Kannst du mal ein Beispiel für eine Kreativitätstechnik nennen?

Florian Siegel: Als Kreativitätstechnik gibt es die 6-3-5 Methode. Zu sechst überlegen sich die Schülerinnen und Schüler drei Ideen in fünf Minuten. Jeder trägt drei Ideen in eine Tabelle ein und gibt das Blatt weiter, der Nächste entwickelt die Gedanken weiter oder denkt sich weitere Ideen aus. Es darf auch mal Quatsch dabei sein, denn auch dadurch kann etwas Neues entstehen. Kein Feld in der Tabelle darf frei bleiben.
Neben Kreativitätstechniken lernen wir im Unterricht auch, wie man eine Zielgruppe analysiert. Denn Produkte werden für bestimmte Zielgruppen entworfen, zum Beispiel für Menschen aus dem neo-ökologischen Milieu. Deshalb müssen die Jugendlichen in einem ersten Schritt lernen, eine Zielgruppe nach Bedürfnissen, Vorlieben und Interessen zu analysieren. Gleichzeitig wird das Thema Zielgruppe auch im Fach Wirtschaft behandelt.

Stefanie Rapp: Es gibt also auch inhaltliche Abstimmung mit anderen Fächern?

Florian Siegel: Ja, vor allem das Fach Informatik ist inhaltlich auf unser Hauptfach GMT abgestimmt. Denn wir arbeiten in GMT mit Computerprogrammen.

Stefanie Rapp: Müssen die Schülerinnen und Schüler schon Vorkenntnisse zu den Computerprogrammen mitbringen?

Florian Siegel: Nein, in der Eingangsstufe starten alle bei null. Wir beginnen mit einer Einführung in die Software und gehen dabei systematisch die einzelnen Werkzeuge durch. Den Schülerinnen und Schülern stehen ihre Schulrechner auch zu Hause zur Verfügung, sie können also jederzeit mit den Programmen üben. Wenn wir ein Design entwerfen, zeichnen wir übrigens immer zuerst mit Bleistift auf Papier. Erst im zweiten Schritt arbeiten wir mit unseren Entwürfen am Computer weiter.

Stefanie Rapp: Wie unterscheidet sich das Fach vom herkömmlichen Kunstunterricht?

Florian Siegel: Im Kunstunterricht geht es um Bildende Kunst. Wir hingegen machen angewandte Kunst, zweckgebundene Kunst. Wir entwerfen ein Plakat nicht, um uns als Künstler zu verwirklichen, sondern das Plakat soll eine Funktion erfüllen. Im Gegensatz zur Bildenden Kunst folgt man im Design Regeln, um von einer Idee zum Produkt zu kommen. Es gibt bestimmte Gestaltungskriterien.

Stefanie Rapp: Ich muss also kein Überflieger in Kunst sein, um in GMT Erfolg zu haben?

Florian Siegel: Es ist vor allem wichtig, dass man ein Interesse für Gestaltung mitbringt. Da es bestimmte Gestaltungskriterien gibt, ist das Handwerkszeug des Designs im Unterricht erlernbar. Natürlich sollte man aber schon mal einen Bleistift in der Hand gehalten haben. Das Wichtigste ist aber das Interesse und der Wille, sich im Bereich Design weiterzuentwickeln.

Stefanie Rapp: Habt ihr auch schon mal ein Design für eine Firma entworfen?

Florian Siegel: Ja, das machen wir regelmäßig. Erst kürzlich haben wir für eine Kinderarztpraxis in Celle ein Logo kreiert. Und eine Fitness-App benutzt ein Interface-Design von uns.

Stefanie Rapp: Wenn du einen Tag lang Schüler in diesem Fach sein könntest, was würdest du am meisten genießen?

Florian Siegel: Das kreative Arbeiten. Ich wäre gerne an einem Beruflichen Gymnasium mit diesem Profil gewesen. Schon während meiner Schulzeit an einem Allgemeinbildenden Gymnasium wusste ich, dass ich Produktdesign studieren werde.

Stefanie Rapp: Wie oft hörst du die Aussage: „Das macht doch am Ende sowieso alles die Künstliche Intelligenz“?

Florian Siegel: Künstliche Intelligenz ist ein großes Thema. Niemand kann die Auswirkungen wirklich bewerten. Ich glaube, dass die Entwicklung nach dem aktuellen Hype jedoch wieder dahin zurückkehren wird, dass wir das Menschengemachte bevorzugen werden, weil diese Produkte für uns interessanter und sinnlicher sind. Dem Zwischenmenschlichen wird wieder eine neue Bedeutung zukommen, deshalb legen wir sowohl am Allgemeinbildenden als auch am Beruflichen Gymnasium bewusst den Fokus auf Beziehungen. Aktuell ist vor allem wichtig, dass wir den Schülerinnen und Schülern die Potenziale und Gefahren von KI aufzeigen.

Stefanie Rapp: Wie funktioniert die Anmeldung fürs Berufliche Gymnasium?

Florian Siegel: Wer nach der Realschule zu uns kommen möchte, meldet sich mit dem Halbjahreszeugnis aus Klasse 10 an. Der Schnitt aus den Fächern Mathe, Deutsch und Englisch muss mindestens 3,0 betragen. Optimal ist ein Schnitt von 2,0 oder besser. Aber wie gesagt, letztendlich hängt es stark von der Motivation ab, ob jemand am Beruflichen Gymnasium erfolgreich ist. Wer vom Allgemeinbildenden Gymnasium aufs Berufliche Gymnasium wechselt, braucht lediglich ein Versetzungszeugnis. Die Anmeldungen müssen rechtzeitig abgegeben werden – die Frist endet meistens im Februar oder März und wird jedes Jahr auf unserer Website veröffentlicht. Wir melden uns dann bei den Bewerberinnen und Bewerbern.

Stefanie Rapp: Vielen Dank fürs Gespräch!

Anmerkung: Die Schülerarbeiten stammen von Pablo Moosmayer, Declan Bode und Finn Ruenzi