08. Januar 2024

Oberstufenschülerinnen unterrichten Siebtklässler

Wir standen vor dem Klassenzimmer der siebten Klasse des Gymnasiums, der Klassenlehrer briefte uns noch kurz, bevor wir uns ohne Lehrer vor die Klasse stellten oder viel eher, uns mit den Siebtklässlern auf den Boden setzten. Ganz so schlimm war es dann gar nicht, trotz unserer anfänglichen Nervosität. Sowohl wir aus der Oberstufe als auch die siebte Klasse profitierten von unserer Aktion, die wir im PäP-Unterricht des Beruflichen Gymnasiums (Profil SGGS) gemeinsam mit unserer Lehrerin erarbeitetet hatten.

Medienkompetenz, ein wichtiges Konzept, das in deutschen Lehrplänen oft vernachlässigt wird, obwohl sich der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die süchtig nach Social Media sind, laut einer Studie der Krankenkasse DAK und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf verdoppelt hat.

Nachdem wir beiläufig eine Diskussion im PäP-Unterricht über eben diese fehlende Medienkompetenz an deutschen Schulen geführt und die steigenden Suchtzahlen beklagt hatten, war uns klar geworden, dass wir selbst ein Teil der Lösung sein können. Im Gespräch merkten wir, dass es noch mehr Themen gab, die in deutschen Klassenzimmern zu kurz kamen. «Für welche konkreten Lehrplanthemen wären wir in der siebten Klasse dankbar gewesen?», fragten wir uns. Schnell standen drei Themen im Raum: 1. Die Chancen und Gefahren von TikTok. 2. Welche psychologischen Tricks wenden Game-Entwickler an? 3. Wie lerne ich richtig für eine Klassenarbeit?

Deshalb entwickelten wir zu den drei Themen selbstständig Workshops, die wir mit siebten Klassen der FES durchführen wollten.

Unser Hauptanliegen beim TikTok Workshop war es, nicht einfach Verbote auszusprechen, sondern in erster Linie aufzuklären: Uns war es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler Raum bekämen, ihre Gedanken und Erfahrungen zu teilen, ohne dass Lehrkräfte anwesend sind und den Umgang ihrer Schülerinnen und Schüler mit Social Media bewerteten.

Wir sprachen mit den Schülerinnen und Schülern unter anderem über die Funktionsweise der TikTok-Algorithmen. Dabei thematisierten wir die Gefahr von sogenannten «rabbit holes», also das Surfen oder Navigieren durch verschiedene Beiträge, Kommentare oder Links in sozialen Medien, durch die man immer tiefer in ein bestimmtes Thema hineingezogen wird, ohne einen Ausstieg zu finden. Außerdem diskutierten wir über «ByteDance», das Unternehmen hinter TikTok, und weshalb es in der Kritik steht, aber auch darüber, wie man Social Media für persönliche Zwecke nutzen kann und welche Chancen darin liegen.

Uns überraschte die rege Beteiligung der Schülerinnen und Schüler, wie gespannt sie zuhörten und sich an der Diskussion beteiligten, und es zeigte uns, wie wichtig es ist, Medienbildung in den Fokus zu rücken.

Unser kleines Projekt war ein Erfolg und die Schülerinnen und Schüler haben viel für sich selbst und ihren Umgang mit Social Media mitgenommen. Ein wichtiger Dialog auf Augenhöhe, von Schülerinnen und Schülern für Schülerinnen und Schüler, ohne Druck und in einer entspannten Atmosphäre.

Gerne möchten wir unsere Workshops zu den drei Themen etablieren, um mit weiteren Klassen über Themen zu sprechen, die sie und uns bewegen, um unseren Teil zu einer besseren Medienbildung beizutragen.

Anna-Lena Dresen